Rosenholz, Vanille und die Verantwortung vieler
Es ist erst ein paar Wochen her, dass in Deutschland wieder einmal die Plätzchenzeit begonnen hat. Zu den gefragtesten Leckereien zählen die Vanillekipferl. Für die Herstellung braucht man natürlich die Bourbon-Vanille – weltweit die beliebteste Sorte – die gleichzeitig auch noch der teuerste Inhaltsstoff bei der Zutatenliste ist. Die Bezeichnung Bourbon darf nur bei Schoten von den Komoren, Île Reunion und der afrikanischen Insel Madagaskar verwendet werden, da sie geschützt ist. 1) EFK Warengrosshandel Vanille: Vanille. Die Königin unter den Gewürzen – Stand 19.01.2016 Auch im Sommer, wenn die Eissaison wieder los geht, gehört die Geschmacksrichtung Vanille zu den begehrtesten Sorten. Aufgrund der hohen Nachfrage und Preise verwundert es dann schon ein wenig, dass in Madagaskar ein Großteil der Bevölkerung von circa einem US-Dollar pro Tag leben muss. 2)National Geographic Deutschland: Madagaskar: Alles auf rot – nicht mehr verfügbar Aber wie kommt das?
Nachdem im Jahr 2000 große Teile der Vanilleernte durch einen verheerenden Wirbelsturm vernichtet wurden, stiegen die Preise für das Gewürz auf dem Weltmarkt rasant an. Da neben der Angebotsverknappung vermehrt in anderen Ländern wie China oder Indonesien Vanille angebaut wurde, verschärfte sich die Wettbewerbssituation zusätzlich. Produzenten auf der ganzen Welt begannen Bezeichnungen ihrer Produkte zu verändern, so dass die Verwendung von alternativen, geschmacklich ähnlichen Inhaltsstoffen möglich war, um die Kosten gering halten zu können. 3)Fairtrade USA: Association Tsiry Andampin`ny Fosa – nicht mehr verfügbar Daraufhin veränderte sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage endgültig. Die geernteten Schoten erzielten längst nicht mehr den Preis von einst und die Menschen sahen sich gezwungen, nach alternativen Einkommensquellen zu suchen. 4)bpb: Innerstaatliche Konflikte. Ressourcenkonflikte – Stand 19.01.2016
In diesem Fall trifft es sich gut, dass Madagaskar, genauso wie viele andere afrikanische Länder, über ein großes Ressourcenvorkommen verfügt. Neben dem Gewürz gibt es diverse endemische Hölzer, die gerade in China sehr beliebt sind, wie z.B. die Rosenhölzer der Gattung Dalbergia. Ihre rötlich-violette Farbe, die im Inneren der Bäume beim Abschlagen zum Vorschein kommt, findet in der Möbelbranche reißenden Absatz. 5)National Geographic Deutschland: Madagaskar: Alles auf rot – nicht mehr verfügbar
Problem dabei ist nur, dass mittlerweile große Teile des Waldvorkommens auf der Insel durch Agrarflächen substituiert wurden und der Rest unter Schutz steht, um die besondere Tier- und Pflanzenwelt, also das ökologische Gleichgewicht, zu bewahren. Die landwirtschaftlich genutzten Areale werden wiederum vor allem durch ausländische Unternehmen zum Anbau von beispielsweise Palmöl oder Vanille genutzt. 6)AG Friedensforschung: Machtkampf im Paradies – Stand 19.01.2016
Durch das korrupte Verhalten des ehemaligen Präsidenten, Ravalomanana, verschlechterte sich die Lage für die Madagassen Anfang der 2000er zusehends. Obwohl er vordergründig für den Artenerhalt und Umweltschutz eintrat und dafür weltweit als Retter der Umwelt betrachtet wurde. Dennoch: die Leute hatten immer weniger Geld zur Verfügung, während er sich bereicherte. Damit wuchs die Unzufriedenheit im Land bis zum Putsch durch Andry Rajoelina. Die Situation jedoch änderte sich nicht, da die Weltgemeinschaft den neuen Präsidenten nicht anerkannte. Die entwicklungspolitische Zusammenarbeit und damit die finanzielle Unterstützung durch die Weltbank, die UNO und andere Geldgeber wurde eingestellt. Damit war auch kein Geld mehr für die ökologischen Ziele des Landes da. 7)National Geographic Deutschland: Madagaskar: Alles auf rot – nicht mehr verfügbar 8)AG Friedensforschung: Madagaskar steckt in der Sackgasse – Stand 19.01.2016 Profitiert davon hat die Holzindustrie. Der Export von Rosenholz ist ein lukratives Geschäft und mangels Kontroll- und Schutzmöglichkeiten wurde es noch leichter für die Holzbarone, an Bäume heranzukommen. In den vergangenen Jahren hat sich ein blühendes Schmuggelgeschäft entwickelt, von dem Holzfäller, Flößer, die Polizei und diverse andere Personen wie Waldhüter, profitieren. 9)National Geographic Deutschland: Madagaskar: Alles auf rot – nicht mehr verfügbar 10)AG Friedensforschung: Rosenholz und Kettensäge – Stand 19.01.2016
Die Folgen aus dem illegalen Raubbau sind verheerend. Die endemische Flora und Fauna ist massiv bedroht und die langfristigen Schäden möglicherweise irreparabel. Dabei ist die Natur eine der wichtigsten touristischen Attraktionen. 11)AG Friedensforschung: Rosenholz und Kettensäge – Stand 19.01.2016
Durch den großflächigen Anbau von Vanille und Palmöl, aber auch von Reis, verringern sich die Möglichkeiten für die Bevölkerung, Subsistenzwirtschaft zu betreiben. Die geernteten Rohstoffe sind vorwiegend für den Verkauf ins Ausland gedacht. Internationale Investoren besitzen den Großteil an Schürfrechten, um wertvolle Mineralien, Erze und Edelmetalle zu fördern. Zudem ist es lukrativer, beim illegalen Holzraub mitzuwirken, als selbst Grundnahrungsmittel anzubauen. Dadurch kommt es zu einer Verknappung der Lebensmittel und die Menschen müssen horrende Summen dafür zahlen. 12)AG Friedensforschung: Madagaskar steckt in der Sackgasse – Stand 19.01.2016
Der Ausverkauf eines Landes und die damit einhergehenden Verschlechterung der Lebens- und Umweltbedingungen kann Grund dafür sein, dass die Menschen sich gezwungen sehen, ihr Land zu verlassen und auszuwandern. Die Verantwortlichkeit liegt dabei auch bei der Weltgemeinschaft, die sich langsam darüber klar werden muss, ob günstige Lebensmittel, Rohstoffe jeglicher Art, es mittelfristig wert sind, so vielen Menschen die Lebensgrundlage zu entziehen.
Fußnoten und Quellen:
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